In Kooperation von Young Missio und dem Zentrum JPII und im Rahmen des neuen Formats „Eltern Connect“, das aus dem ALPHA Elternkurs entstanden ist, war das jüngste Thema der Reihe „Working Parents – Die Zeit mit Kindern gut nutzen“, zu dem die Koordinatorin von KANA, Anna Maria Kraetschmer, am IEF tätig, sprach. 

(Hier gibt es den Vortrag zum Nachhören auf Youtube.)

Die Zeit mit Kindern gut nutzen – oder die Zeit mit Kindern gut nutzen, die uns bleibt.

Drücken wir es bewusst so dramatisch aus, um unser Bewusstsein zu schärfen…

Wir alle setzen uns damit auseinander, was für eine Zeit das eigentlich ist, in der wir leben. Wir haben ein Bewusstsein darüber, wie es womöglich früher war. Wir wissen, dass die Voraussetzungen, unter denen Kinder aufwachsen, sich laufend verändern.

Eine spannende Grundlage ist der Zeitfaktor bezüglich des Lebensalters der Kinder. Machen wir uns bewusst: in den ersten drei Lebensjahren werden – laut Bindungsforschern – die Grundsteine für die Beziehungsfähigkeit für das gesamte Leben gelegt. Und: rund um das 12. Lebensjahr sind 75% der Zeit, die wir mit den Kindern gemeinsam verbringen, „aufgebraucht“.

Das soll uns zeigen, wie unwahrscheinlich kostbar und wertvoll diese Jahre sind, in denen wir als Eltern in besonderer Weise verantwortlich für unsere Kinder sind.

Es geht also irgendwie immer um „ZEIT“

Wie definieren wir den Begriff „Zeit“ für uns? Sind es wirklich die Stunden, Wochen, Monate, die oft gefühlt viel zu schnell vergehen? Der Tag, der nie lange genug ist, um all die Dinge zu erledigen, die wir uns vornehmen? Oder dürfen wir auch einen anderen Blick auf die „Zeit“ machen, besonders, wenn wir dabei an unsere Kinder denken?

Vielleicht sind es doch eher „MOMENTE“

Wir dürfen „Zeit“ neu denken. Sehen wir sie als viele, viele Momente, die uns immer wieder neu geschenkt sind.
Dieses Umdenken kann sehr heilsam und entlastend für uns Eltern sein, besonders im Alltag!

Warum? Weil der Moment, den wir jetzt gerade erleben der einzige Moment ist, in dem das Leben passiert. Weil dieser Moment, jetzt, der einzige ist, den wir aktiv gestalten können. Ein immer wiederkehrendes Geschenk von Gott, ganz in unsere Hände gelegt, und wir dürfen frei darüber verfügen.

Gönnen wir uns noch einen Gedanken: wir Eltern kämpfen „einen richtig guten Kampf“

Die täglichen Herausforderungen in Ehe, Elternschaft, Beruf, Haushalt, …sie sind enorm und alle Mühe der Welt wert. Gut „bewaffnet“ sollten wir allerdings sein – mit den „richtigen Waffen“.

Meine Überzeugung: es braucht „innere und äußere Waffen“. Innere Waffen sind Haltungen, die wir einnehmen, ein Bewusstsein. Äußere Waffen sind Strategien, die (oft still und leise) viel bewirken können.

Das, woran wir Eltern oft denken, ist die Aufmerksamkeit. Die Aufmerksamkeit, von der wir vielleicht immer gefühlt zu wenig zu geben haben, vor allem, wenn wir mehrere Kinder haben und der Tag eben immer zu kurz ist.
Aber: Kinder brauchen in erster Linie nicht Aufmerksamkeit, sondern sie wollen intensive Beziehungen leben.

Sie wollen an unserem Leben teilhaben, von uns lernen, uns verstehen. Heute, wo Kinder früh (vielleicht) viel Zeit in Betreuungen außerhalb der Familie sind, ist das umso wichtiger. Dort lernen sie viel übers Kind sein, aber wenig über ihr Leben als Erwachsene später.

Sie wollen unsere Freude erleben, unsere Enttäuschungen. Sie wollen erkennen, was uns wichtig ist, wo wir unsere Prioritäten setzen. Sie wollen durch unser Vorbild Lebenskompetenz gewinnen.

Es kommt am Ende immer auf die Beziehungen an. Ich habe das erst im Laufe der Jahre für mich verstanden und erfahren dürfen: alles im Leben ist Beziehung. Beziehung zu Gott, Beziehung zu mir selbst, Beziehung zu meinem Mann, unseren Kindern, Beziehung zu anderen.

Meine Beziehung zu Gott als „innere Waffe“

Wenn ich Zeit für Gott habe, dann habe ich Zeit für mich. Wenn ich bei Gott bin, in Gedanken, im Herzen, im Hier und Jetzt (immerhin so oft wie möglich), dann bin ich ganz bei mir. Und wenn ich (immer wieder) ganz bei mir bin, dann erkenne ich die Momente, die mir geschenkt sind, und kann sie mit meinen Kindern so richtig „auskosten“. Dann kann ich auch ganz bei ihnen sein.

In unserer Zeit, mit ihrer unfassbaren Schnelllebigkeit, permanenter Kommunikation, immer auf etwas reagieren müssen, etc., ist das ein riesengroßes Geschenk, das wir uns selbst und unseren Kindern machen können.

Aber wie schaffe ich es, Zeit für Gott und damit für mich zu haben?

Viele haben einen prallgefüllten Alltag, machen Spagate, die sich kaum ausgehen können, wachsen täglich über sich hinaus (bravo!). Aber manchmal ist weniger mehr.

Kleine „Erfolgsrezepte“ können helfen, Mini-Maßnahmen mit großer Wirkung:
– Evangelizo-App und irgendwann am Tag die Stellen des Tages lesen (am besten in der Früh!)
– Autofahrten: Podcasts und Lobpreis hören (geht alleine und mit den Kindern, Tipp: laut aufdrehen!)
– Kleine Gebetszeiten angewöhnen (geht auch während des Tuns)
– Stille einfordern (jetzt machen einmal alle  g a r  n i c h t s)

Unsere ganz persönlichen Strategien als „äußere Waffen“

Wo sind sie, diese geschenkten Momente? Vielleicht sind sie manchmal gut „getarnt“?
Es sind oft unscheinbare, alltägliche Begebenheiten im Alltag, die unterschätzt sind in ihrer „momenthaften Wirksamkeit“. Und wahrscheinlich sind es insbesondere gerade diese „normalen“ Momente, die sich so richtig „einprägen“, in den Herzen unserer Kinder.

Momente der ungeteilten Aufmerksamkeit schenken

Leben wir alltägliche Abläufe bewusst als Momente. Sei es der Start in den Tag, die erste Begegnung am Morgen, das Verabschieden in Schule oder Kindergarten, das willkommen heißen danach. Schenken wir den Kindern in diesen Momenten unsere volle Aufmerksamkeit! Lernen wir wieder wirklich auf sie zu warten. Nichts anderes zu tun, nicht am Handy noch schnell etwas zu erledigen. Wirklich im Hier und Jetzt sein, in der Erwartung auf diese Begegnungen. Den „ersten Blick“, den wir einander da schenken können, nicht zu verpassen.
Wie „harmlos“ – aber wie wirkungsvoll.

Dem Handy-Terror entkommen

In Bezug auf dieses Thema, wie wir (die wenige) Zeit, die wir mit den Kindern haben, gut nutzen, ist das Handy ganz einfach die pure Katastrophe. Ein Zeitfresser, ein Beziehungsfresser, ein Blicke-Fresser, ein Momente-Verschlinger. Dieses Bewusstsein ist wirklich wichtig. Wir müssen also unbedingt Auszeiten planen. Für uns selbst, und für die Familie als Ganzes.
Ein analoges „Erfolgsrezept“: die ganze Familie ist sonntags „handybefreit“.

Die eine gemeinsame tägliche Mahlzeit

Wann ist an dem jeweiligen Tag Zeit für die eine gemeinsame Mahlzeit? Sie ist so wertvoll, so wichtig, biblisch bedeutsam. Viele geschenkte Momente. Nie wegreduzieren.

Wo ergibt sich die Gelegenheit für Gespräche

Reden ist wichtig. Ganz klar. Jeder möchte über das sprechen, was ihm am Herzen liegt. Vor allem ältere Kinder und Jugendliche beschäftigt viel. Oft sind wir Eltern nicht gerade die, mit denen sie in erster Linie reden wollen. Manchmal aber doch.
Es passt nicht immer, aber lieber einmal zu viel versuchen. Manchmal wird man überrascht von einem schönen Gespräch oder auch nur von einem kurzen guten Austausch. Kleines „Geheimrezept“: einfach ins Zimmer setzen ohne ein konkretes Anliegen…kann kleine Wunder bewirken.

Das Leben mit Gott teilen

Fixe Gebetsrituale im Alltag helfen mehr als alles andere. Sich gemeinsam als Familie von sich weg zu Gott hin -wenden. Gemeinsam erspüren, was seine Liebe zu uns in unserem Leben bewirkt. Tischgebete, vielleicht ein Morgengebet, jedenfalls ein Abendgebet. Und Gott danken, wann immer es geht. Gemeinsam nachdenken, was schön war, und was vielleicht auch schwierig und unerfreulich. Also auch Sorgen und Herausforderungen mit Gott teilen. Das sind kleine, wundervoll genützte Momente. Diese Haltung graviert sich in die Herzen der Kinder ein und bleibt ihnen als „Ankerplatz“ für ihr Leben.

Wir dürfen scheitern

Momente des Scheiterns zulassen, bewusst ertragen und mit den Kindern teilen. Wir Eltern dürfen Fehler machen, etwas vergessen, uns irren oder etwas völlig „verschusseln“. Und auch die Kinder dürfen das!  Wir müssen alle nicht immer funktionieren. Vieles heute ist viel zu „verzweckt“. Wir dürfen einfach nur sein.

Das Leben ist zumutbar

Die Auseinandersetzung mit schwierigen Themen, die ein bisschen an die Grenzen gehen, mit Kindern bewusst leben. Das kann sehr wertvoll sein. „Heute in Watte packen und morgen in die Welt entlassen“ wird nicht funktionieren. „Ich nehme Dich ernst, ich traue Dir das zu“, das macht stark und weniger angreifbar. Unsere Wahrnehmungen in unserer Sprache mit ihnen teilen, das erzeugt auch Herzensbildung. Das gewonnene Bewusstsein und der klare Blick ermöglichen es den Kindern auch, sukzessive für andere Kraft und Begleitung zu werden.

Holen wir uns noch einmal ins Bewusstsein: Wenn ich Zeit für Gott habe, dann habe ich Zeit für mich. Wenn ich (immer wieder) ganz bei mir bin, dann erkenne ich die Momente, die mir geschenkt sind. Momente mit meinen Kindern, die sich einprägen und die wir sammeln dürfen für die Ewigkeit.

Hier gibt es den Vortrag zum Nachhören auf Youtube.